Am heutigen Tag der Deutschen Einheit startete die DLM. Nach den letzten fünf Jahren in Hannover wurde das Turnier für zwei Jahre an die Bayerische Schachjugend vergeben, die es in der frisch sanierten Jugendherberge Würzburg ausrichtet. Nach den Absagen dreier starker Spieler ist das Thüringer Team - bestehend aus Nikita Kuznecovs, Huy Dat Nguyen, Mathias Philipp, Sebastian Grund, Meike Ratay, Elisa Reuter, Margarethe Wagner und Paul Georg Langer sowie den Trainern Ferenc Langheinrich und Peter Michalowski - bei 20 Teilnehmern auf Rang 13 gesetzt. Bei einer überzeugenden Leistung könnte in dem engen Feld ein Top10-Platz herausspringen. Die Partien lassen sich auf der Veranstalterseite oder bei chess24 verfolgen.

Da in der ersten Runde vier verbandsinterne Paarungen gesetzt wurden, treffen wir auf den Setzlistenzweiten Niedersachsen. Aufgrund der Kürze der Zeit war eine Vorbereitung gerade bei den jüngeren Spielern kaum möglich, dennoch sind wir bis auf Mathias' Eröffnung mit dem Start in die Partien zufrieden.

Nach wechselvollem Verlauf mussten wir schließlich eine 5:3-Niederlage hinnehmen. Neben Mathias verlor auch Margarethe, nachdem im Mittelspiel eine Figur verloren gegangen war. Es folgten zwei Remis durch Nikita, der mit Schwarz souverän ausglich, und Sebastian, der ein Schwerfigurenendspiel mit Minusbauer halten konnte. In den restlichen Partien ging es wild zu. Meike stand klar schlechter, doch ihr Gegner verpasste in Zeitnot erst den Gewinn und dann das Dauerschach - nur noch 2:3. Mit einer Mehrfigur hatten wir bei Paul den vollen Punkt lange Zeit fest eingeplant, doch dann drang ein gegnerischer Turm über die e-Linie und plötzlich waren wieder alle drei Resultate möglich - zwischenzeitlich stand sogar ein Matt in elf Zügen gegen uns auf dem Brett! Elisa war gut aus der Eröffnung gekommen, aber nachdem Schwarz seinen e-Bauern vorstieß und sein Lauferpaar aktivierte, sah es schlecht für uns aus. Dat hatte ein starkes Qualitätsopfer auf f6 gebracht, ließ aber in der Folge mehrere Gewinnchancen aus. Besonders ärgerlich, dass er hierbei jeweils in unter einer Minute zog. Nun verteidigte er ein Endspiel mit Minusqualität. Unterdessen stellte Elisas Gegner einen der wichtigen Zentralbauern ein und wir konnten uns sogar Hofnungen auf den ganzen Punkt machen. Kurz danach endete Pauls Partie folgerichtig remis uns fehlten nur noch ein Sieg Elisas und ein Remis Dats zum Mannschaftspunkt. Leider blieb es letztlich beim halben Punkt durch Elisa.

In der zweiten Runde sehen wir uns gegen Mecklenburg-Vorpommern in der Favoritenrolle. Und es geht gut los: Margarethe steht bereits kurz vor dem Sieg hat gerade gewonnen, auf den restlichen Brettern steht es mehr oder minder ausgeglichen.Margarethe zeigt ihren Sieg aus Runde 2.

Mathias brachte uns kurz darauf mit 2:0 in Führung. Großen Siegeswillen zeigte Nikita, aber in Zeitnot überzog er seine Stellung und musste eine Niederlage einstecken. Meikes Gegner opferte etwas übermotiviert eine Qualität und so gewann sie bequem. Elisa, Dat und Paul steuerten jeweils ein Remis bei, womit der Mannschaftssieg gesichert war. Die längste Partie spielte Sebastian, der am Ende ein Turmendspiel zum Sieg führen konnte und damit den Schlusspunkt zum 5,5:2,5 setzte.

Am Donnerstagvormittag treffen wir in der dritten Runde auf Rheinland-Pfalz. Eine brisante Paarung, denn unsere Mädchen teilen ihr Zimmer mit zwei der Gegnerinnen. Am Abend steht dann ein eine Stadtführung auf dem Programm.

Paul entwickelte nach geglückter Vorbereitung schöne Angiffsideen und brachte uns in Führung. Elisa wurde durch den Dd6-Skandinavier überrascht und die Partie entglitt ihr ausgangs der Eröffnung. Nach einem Figurengewinn planten wir bei Meike den vollen Punkt ein, doch galt es noch eine Schrecksekunde zu überstehen: Für einen Zug bot sich plötzlich der Gegnerin die Chance zum Sieg. Zu unserem Glück wurde diese ausgelassen und kurz darauf stand Meikes dritter Punkt im dritten Spiel fest. Margarethe verpasste es ihren Springer auf f5 mit h7-h5 abzusichern, sodass nach gegnerischem g4 die Partie schnell vorbei war. Dat gewann in einem Spanier den schwarzen Bauern auf e5 und bot direkt danach Remis, was der Gegner dankend annahm. Ein unverständliche Entscheidung unseres zweiten Bretts, die zudem den Druck auf die Mannschaftskameraden erhöhte. Denn am Spitzenbrett stand Nikita in äußerst komplizierter Stellung zwar durchaus aussichtsreich, befand sich aber auch in Zeitnot. Und auf der anderen Seite fand Mathias in besserer Stellung keinen direkten Gewinnweg. Eine starke Partie spielte unterdessen Sebastian: In einem katalanischen Mittelspiel nutzte er seinen Raumvorteil samt besserer Leichtfiguren und beendete die Partie mit einer schönen Mattkombination. Damit führten wir 3,5:2,5, wobei Nikita inzwischen schlechter stand und Mathias, nachdem er eine gegnerische Kombination übersehen hatte, auch eher ums Remis kämpfte. So war er über das Dauerschach des Gegners nicht unglücklich. Erst in der Analyse stellte sich dann heraus, dass kurz vor Schluss gar ein Sieg möglich gewesen wäre. Nachdem Nikita die Niederlage quittieren musste, stand somit letztlich ein 4:4.

Gerade spielen wir in Runde 4 gegen Sachsen 2 und nach einem Schwarzsieg Pauls und einem Remis von Mathias führen wir 1,5:0,5. Zwar steht Margarethe schlechter, doch dafür haben Nikita, Meike und Elisa vorteilhafte Stellungen.

4. Runde gegen Sachsen 2.Am Ende gelang dem Team ein deutlicher 6:2-Sieg ohne eigene Niederlage. Margarethe verteidigte sich zäh und hat das nötige Glück, dass ihre Gegnerin mehrfach den entscheidenden Schlag verpasste. Sebastian hingegen glich in seinem beschleunigten Drachen bequem aus. Bei Meike schwand im weiteren Verlauf neben dem Vorteil auch die Bedenkzeit, sodass die Annahme des gegnerischen Remisgebots eine pragmatische Entscheidung war. Elisa profitierte von einem zu kreativen Opfer ihres Gegners und wickelte in der Folge in ein gewonnenes Turmendspiel ab. Nikita gewann ausgangs der Eröffnung gleich mehrere Bauern und sein erster voller Punkt war nur noch Formsache. Auch Dat konnte mit einer starken Vorstellung seinen ersten Sieg einfahren: In einem Italiener marschierte er zuerst mit seinen Damenflügelbauern voran, um dann auch noch den gegnerischen Königsflügel aufzurollen und den weißen König quer übers Brett zu jagen.

Mannschaftsfoto über den Dächern Würzburgs Nach dem Mittagessen nutzten wir den sonnigen Herbsttag für einen kleinen Spaziergang durch den Weinhang hinauf zur Festung. Lediglich Trainer Ferenc musste vor dem Anstieg kapitulieren, das übrige Team nahm oben Aufstellung für ein Foto mit Blick über Würzburg. Wieder unten angekommen wartete in Runde 5 die 1. Mannschaft des Gastgebers auf uns. "Thüringen - die sind zu schlagen", hörten wir vor der Infotafel. Lag es an der frischen Luft oder der Bewegung, jedenfalls belehrten wir Bayern 1 eines besseren und gewannen mit 5,5:2,5. Vor allem unsere hinteren Better spielten starke Partien: Paul bot seiner Gegner, immerhin ehemalige Deutsche Meisterin, seinen Turm auf a1 für deren Fianchetto-Läufer an und fiel nach dessen Annahme über den schwarzen König her. Margarethe spielte eine Musterpartie auf der schwarzen Seite eines Najdorf-Sizilianers. Elisa lieferte eine überzeugende Vorstellung, überspielte ihren Gegner Stück für Stück und gewann wie schon am Vormittag ein Turmendspiel. Meike profitierte in einem Lg5-Najdorf von den übermotivierten Opfern des Gegners. Zwar blieb ihr König im Zentrum, doch bot am Ende ein weißer Bauer auf e7 ausgezeichneten Schutz vor den gegnerischen Schwerfiguren. So konnten wir an den vorderen Bretter auch zwei Niederlagen verkraften: Mathias griff bereits im 4. und 5. Zug fehl und Sebastian kapitulierte nach einem feinen Schlusszug des angreifenden Gegners. Weil Dat auch ein Remis beigesteuert hatte war der Mannschaftssieg schon in trockenen Tüchern und Nikita konnte in aller Ruhe seinen Vorteil verwerten. Er hatte sich gegen Jana Schneider früh einen Bauern einverleibt und diesen bis ins Endspiel nicht mehr hergegeben.

In der sechsten Runde wartete wieder Sachsen auf uns, diesmal allerdings die erste Mannschaft. An den Spitzenbrettern warteten große Aufgaben auf uns: Dat hatte sich hier entschieden mit einem Feustel-Aufbau erst einmal abzuwarten und ggf. zu kontern und Nikita sich gründlich gegen Königsindisch vorbereitet. Direkt dahinter hatten unsere Spieler ihre Stammeröffnungen auf dem Brett: Mathias spielte einen 2.Lb2-Sizilianer und Sebastian einen beschleunigten Drachen. Meikes Eröffnungsvorbereitung stammte dieses Mal von Mathias - ein Zeichen des tollen Zusammenhalts im Team - und brachte ihr zunächst einmal großen Vorteil auf der Uhr. Elisa konnte einen auf c7 eingedrungenen Turm fangen und auf diese Weise bei kompliziert bleibender Stellung eine Qualität gewinnen. Bei Margarethe stand ein Najdorf-Sizilianer mit entgegengesetzten Rochaden auf dem Brett, sodass alle Ergebnisse möglich erschienen. Auch bei Paul wurde Najdorf gespielt, hier allerdings die 6.g3-Variante, in der es Paul schwer fiel, die richtigen Pläne zu finden. Dies war dann auch die erste Partie, welche für uns verloren ging. Es folgten noch recht schnell Niederlagen von Margarethe und Elisa. Erstere hatte einen typischen Läufereinschlag auf a3 nicht genug gewürdigt und erst einige Bauern und dann eine Figur verloren. Nun stand es zwar 0:3 gegen uns, aber die verbliebenen Partien machten uns Hoffnungen: Mathias und Sebastian verkürzten schnell auf 2:3 und Meike hatte nun auch die bessere Stellung. Dafür stand allerdings Dat sehr gedrückt, während Nikitas Stellung unklar war. Hier hatten wir großes Glück, dass der Gegner im 38. Zug die Zeit überschritt. Meike verwertete anschließend ihren Vorteil sicher und Dat musste sich letztlich geschlagen geben. Mit einem 4:4 blieben wir gegen einen favorisierten Gegner erneut ungeschlagen, behielten den fünften Platz und haben in der Schlussrunde sogar die Chance auf eine Medaille!

Den freien Nachmittag nutzten wir bei sommerlichem Wetter für einen Besuch der Würzburger Residenz samt Hofgarten und ein gemeinsames Eis. Im Anschluss spielten vier von uns gemeinsamen mit anderen Landesverbänden Fußball. Mit dabei waren auch Spieler unseres Schlussrundengegners Schleswig-Holstein. Deren Team war vor allem an den oberen vier Brettern stark besetzt, daher rechneten wir uns vor allem hinten Chancen aus. Die Motivation bei unseren Spielern war hoch und die Vorbereitung am letzten Abend wurde entsprechend ernsthaft angegangen. Dats Gegner war vom Königsgambit unseres zweiten Bretts so überrascht, dass er über eine halbe Stunde an den ersten fünf Zügen überlegte. Nikita hatte einen Bauern mehr, doch der Entwicklungsvorsprung des Gegners war beachtlich. Mathias war ganz ordentlich aus einem Franzosen gekommen, stellte dann aber unnötigerweise seinen Bauern auf h7 ein. Bei Sebastian war die Kompensation für den Minusbauern wohl nicht ausreichend. An den hinteren Brettern ergaben sich dafür ausgeglichene Stellungen. Paul kniete sich voll in seine Partie, verbrauchte dabei aber auch etwas viel Zeit. Margarethe hatte die vorbereitete Struktur auf dem Brett und versuchte am Damenflügel Fortschritte zu machen. Elisas Gegner vermied die vorbereitete Variante im Spanier und die Partie landete schnell im Endspiel. Aus Meikes Sizilianer war eine interessante Stellung mit beiderseitigen Chancen entstanden. Die erste Entscheidung fiel bei Sebastian, dessen aufgelockerte Rochadestellung - Bauern auf f3, g3 und h3 - dem Gegner gute Angriffspunkte bot. Dafür hatte Dat bereits entscheidenden Vorteil und der Ausgleich ließ nicht lange auf sich warten. Kurz darauf folgten zwei halbe Punkte von Elisa und Meike. Während es bei ersterer bis ins Bauernendspiel gegangen war, fühlte sich letztere bei vollem Brett  in ihrer Stellung nicht wohl. Die Führung durch Margarethes Sieg ließ bei uns keinen Jubel aufkommen, weil es in den drei laufenden Partien bei je einem Minusbauern schlecht aussah. Am Ende gingen sie auch alle verloren und wir mussten unsere zweite Niederlage hinnehmen, wie zum Auftakt hieß es 3:5.

Dadurch steht am Ende ein starker 7. Platz, errungen gegen starke Kontrahenten: Mit Ausnahme Mecklenburg-Vorpommerns war kein Gegner hinter uns gesetzt. Alle Spieler im Team nahmen die Meisterschaft ernst und arbeiteten gut zusammen. Vorbildlich, wie die älteren den jüngeren bei der Vorbereitung halfen. Aus dieser geschlossenen Mannschaftsleistung ragt der Score von Meike mit 6/7 heraus. Auch abseits des Schachs stimmte die Chemie, was die Aufgabe für die Trainer noch angenehmer machte. Insgesamt also eine gelungene Meisterschaft in einer schönen Umgebung. Einzig die Platzverhältnisse in der Jugendherberge hätten etwas großzügiger sein dürfen.

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